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Corona und der Einzelhandel

2019 war ein Rekordjahr für den Onlinehandel in Deutschland. Die letzten Jahre wuchs der Umsatz im E-Commerce um 3,6 – 4,7 Mrd. Euro pro Jahr, relativ konstant an. Im Jahr 2019 kam es dann zu einem Sprung von 53,3 Mrd. Euro in 2018 auf sagenhafte 72,6 Mrd. Euro in 2019. Damit wären eigentlich rosige Voraussetzungen für das Jahr 2020 gegeben. Selbst wenn man ein durchschnittliches Wachstum der letzten 10 Jahre hernehmen würde, so könnte der deutsche Onlinehandel mit mindestens 78 Mrd. Euro für 2020 rechnen.

Doch dann kam der Corona-Virus.

Nun, was bedeutet Corona für den Einzelhandel?

Laut bevh lagen die E-Commerce-Umsätze im März 2020 knapp 20% unter denen des Vorjahres. Demnach wirkt sich der Virus nicht nur auf den stationären Handel aus, sondern auch auf den Online-Handel. Alles andere wäre auch sehr überraschend gewesen, denn Shopping setzt eine gewisse Grundsicherheit der Käufer voraus. Diese war und ist aber noch nicht wieder bei 100% und wird es wohl demnächst auch nicht sein. Grundsicherheit heißt in diesem Fall, dass die finanzielle Sicherheit durch den Beruf wider hergestellt ist. So lange Menschen um ihren Job bangen oder Kurzarbeit regiert, werden sich weder Offline- noch Online-Handel vollständig erholen. Die Selbstsicherung geht vor dem Kommerz.
Forrester hat diesbezüglich einen interessanten Forschungsbericht veröffentlicht, „ForecastView COVID-19 Global Retail Scenario Planner Models – the COVID-19 Impact For North America, Asia, Europe, And Latin America „ (lol). Hier wagen die Analysten von Forrester eine Prognose über die langfristigen Auswirkungen des Coronavirus auf den Einzelhandel. Für Europa, bzw. die EU-5-Staaten (Deutschland, UK, Frankreich, Spanien, Italien), prognostiziert Forrester einen Rückgang der Umsätze im EH um 10,4%.
Der Einzelhandel erwirtschaftete letztes Jahr in Deutschland 543,6 Milliarden Euro.
10,4% entsprächen dabei 56,5 Milliarden.
Damit läge die Forrester-Prognose für 2020 bei 487 Milliarden Euro Umsatz für den deutschen EH, was ca. dem Stand 2015 entspricht!

Es aber auch noch andere Analysen!

So berichtet das Statistische Bundesamt von lediglich 2,8% weniger Umsatz im Einzelhandel im März 2020 zum März 2019. Begründet wird dies durch den Wechsel der Nachfrage. Zum einen sanken die Umsätze der lokalen Geschäfte, geschuldet der Ladenschließungen, zum anderen stieg aber die Nachfrage nach Gütern des täglichen Bedarfs in Supermärkten und Apotheken. Wir erinnern uns an das nicht mehr vorhandene Klopapier, Desinfektionsmittel und andere Artikel.

Erstes Zwischenfazit:

Ich gehe ebenfalls davon aus, dass es zu einem enormen Einbruch im Einzehandel kommt. Oder anders ausgedrückt, der Coronavirus wirft den Einzelhandel um 5 Jahre zurück. 2019 war der Anteil von E-Commerce zum stationären Handel bei 11,28%. Dieser Anteil dürfte sich zu Gunsten des E-Commerce leicht verschieben.

Ähnlich wie Forrester befürchte ich, dass es für 2020 einen Umsatzeinbruch von min. 10% geben wird.

Einige Branchen werden von der Krise profitieren und die Umsätze werden sich weiter verlagern, gerade bei den Gütern des täglichen Bedarfs werden höhere Wachstumsraten drin sein, diese können den Verlust in den anderen Branchen aber kaum decken.

Meiner Meinung nach liegt das Hauptproblem nicht einmal unbedingt bei den geschlossenen Geschäften. Viel mehr aber an dem Verhaltensmuster der Menschen in Krisensituationen. Wer um seinen Job Angst hat oder in Kurzarbeit ist, der kann und wird weniger für den Konsum ausgeben.

Die Gewinner und Verlierer der Corona-Kriese

Die Gewinner:

Onlinebanking, Kollaborations-Tools wie Onlinevideokonferenzen etc., Onlineshopping, Onlinelieferdienste, Onlinestreamig, Onlinenachrichten, Gaming, Online Payment, rundum alles zum Bereich Digitalisierung, vom Endgerät bis hin zur Software.

Lebensmitteleinzelhändler, Lieferdienste, lockere Klamotten für zu Hause…

Amazon, Alphabet, Facebook, Blizzard, Take-Two, Zynga…

Die Verlierer:

Energiebranche, Tourismus, Reisebranche, Luftfahrt, Veranstalter, Messebauer, Textilbranche, lokale Banken…

Groupon, Casper, Trivago, Expedia…

Interessante Einblicke bietet im Bereich Dienstleistungen der Anbieter ProntoPro .

Ja und natürlich gehören wir alle irgendwie zu den Verlierern der Pandemie.


Photo by Erik Mclean on Unsplash

Wolfram Daur

Wolfram Daur - Marketingleiter / Digital CMO - Schwerpunkt E-Commerce - Online Marketing Spezialist. Zertifikate: E-Commerce Manager (SMA) | Master Leadership Performance A (BPA) | Online Marketing Manager (DPA) - Leidenschaften: Produktentwicklung, Design, Neuromarketing...