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Location Based Services

Seit 2015 ist der Begriff „location based“ in aller Munde und er zählt als das Allheilmittel der Einzelhändler. Unter diesem Mantel schossen im letzten Jahr die unterschiedlichsten Anbieter wie Pilze aus dem Boden. Jede online Agentur und jeder Marketer wollte plötzlich seine Scheibe von diesem Kuchen ab haben. Auch wir von der SDZ haben uns in dieses Thema gestürzt, saßen mit diversen Anbietern am Tisch und werteten deren Konzepte für uns aus. Letztendlich entschieden wir uns für einen Testballon, www.kauf-regional.de. Die Kampagne startete mit Initiativvorträgen im September, beinhaltete Einzelhändler-Schulungen und die Vermarktung der Plattform über alle zur Verfügung stehenden Verlagsmaterialien. Am 8. Januar 2016 endete die Kampagne und wir werden in der nächsten Zeit damit beginnen, diese auszuwerten und Feedback bei den Beteiligten einzuholen.

Doch zuerst, was sind „Location Based Services“ (LBS)?

Jeder, der ein Smartphone oder ähnliches mobiles Endgerät bei sich trägt, kann an diesem Service teilnehmen. Meist muss hierfür eine App auf das Gerät geladen werden, welches dann die lokalen Informationen dem jeweiligen Standort zuweist. Da sich Mobiltelefone in die jeweiligen Netze einwählen müssen, kann der ungefähre Standort des Endgeräts festgestellt werden. Weitere Möglichkeiten um den Standort eines Users mit Smartphone herauszubekommen sind I-Beacons (kleine Standort gebunden Bluetooth-Sender) und natürlich GPS.

Die Standortdaten werden dann von der App ausgewertet und liefern die entsprechenden, gewünschten lokalen Informationen an das Mobiltelefon.

Anwendungsbeispiele.

Interessant ist dieser LBS z.B. um anhand des eigenen Standortes, andere Standorte in seiner Umgebung zu finden und um zusätzlich Informationen zu erhalten. Stellen sie sich dies einmal als Touristen-App vor. Sie kommen in eine neue Stadt und wollen die Sehenswürdigkeiten kennenlernen. Sie laden sich eine entsprechende App, die Ihnen anhand Ihres eigenen Standortes zeigt, was in Ihrer Umgebung zu finden ist. Anhand der integrierten GPS-Funktion ihres Handys kommen Sie zur gewünschten Sehenswürdigkeit. Dort ist ein I-Beacon installiert, der sobald sie in Reichweite sind, ihnen weitere Informationen zur Sehenswürdigkeit aufs Handy schickt.

Dabei wird unterschieden in reaktive Dienste und proaktive Dienste. Bei den reaktiven Diensten fordern sie direkte eine Information an, wie oben beschreiben, die Anfrage nach den Sehenswürdigkeiten in ihrer Umgebung. Ein proaktiver Dienst wäre dann der I-Beacon im Beispiel, der ihnen automatisch die Beschreibung der Sehenswürdigkeit aufs Smartphone überträgt.

Das oben ausgeführte Verwendung als Tourismus-App kann man auf sämtliche weiteren Gebiete anpassen.

Anwendungsgebiet des „Location Bases Services“ kann also alles sein, was einer bestimmten Adresse zugeordnet werden kann und Informationen übermitteln möchte. Z.B. ein Einzelhändler, der gerade eine Verkaufsaktion gestartet hat und möchte, dass jeder, der an seinem Geschäft vorbei kommt, auf diese Aktion hingewiesen wird. Oder der Gastronom, der seinen Mittagstisch promoten will. Auch im Flirt- und Community-Bereich ist diese Funktion interessant, da sie zeigen kann, wer in der Nähe ist und zur Gruppe gehört. Das Anwendungsgebiet ist also vielfältig.

Interessant ist dieses Thema natürlich auch für die Strategen und Zahlenmenschen, denn somit kann direkt ausgewertet werden, wer in dem definierten Zielgebiet unterwegs war, wie lange er sich dort aufhielt und je nach Trianulationsgenauigkeit, auch was er sich angesehen hat und wohin er dann gegangen ist. Bevor hier gleich die Datenschützer aufbrausen, es kann genutzt werden, bei entsprechender Einwilligung des Nutzers, muss aber nicht!

Fazit:

„Location Based Services“ (LBS) ist eine interessante Spielwiese, die dem Endverbraucher alle Informationen (soweit in der jeweiligen App eingetragen) rund um seine Standort bietet.

Ist LBS ein Segen für den „geplagten“ Einzelhandel?

Überall hören wir vom Sterben der Einzelhändler in den Innenstädten und vom teuflischen E-Commerce, der die Geschäfte ruiniert. Aber ist dies wirklich so drastisch, oder jammert man hier auf hohem Niveau? Schauen wir uns einmal die Fakten im E-Commerce und im Einzelhandel an.

Der HDE (Handelsverband Deutschland) gibt folgende Prognose für 2015 aus:

„Der HDE erwartet das sechste Jahr in Folge ein leichtes Umsatzwachstum im deutschen Einzelhandel“, so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Insgesamt prognostiziert der Verband für das laufende Jahr einen Umsatz von 466,2 Milliarden Euro. Das entspricht einem Plus von 1,5 Prozent im Vorjahresvergleich. Wachstumstreiber bleibt auch in diesem Jahr der Online-Handel mit einem Zuwachs um zwölf Prozent auf dann 43,6 Milliarden Euro. „Die zunehmende Digitalisierung treibt den Strukturwandel im Handel weiter voran. Zwischen den Vertriebskanälen Online, Offline und Multichannel brauchen wir faire Wettbewerbsbedingungen. Hier ist die Politik gefordert“, sagt Genth.

Quelle: Umsatz im Einzelhandel wächst 2015 um 1,5 Prozent 

Wie auch in den Jahren zuvor ist der Wachstumsfaktor im Einzelhandel geprägt durch die steigenden Umsätze im E-Commerce. Setzt man die Zahlen in Relation, also 466,2 Mrd. Euro Gesamtumsatz zu 43,6 Mrd. Euro im E-Commerce, sprechen wir effektiv von 9,35%, mit denen sich der E-Commerce auswirkt. Diese 9,35% entstanden auch nicht von heute auf morgen, sondern haben sich in den letzten 10 Jahren entwickelt. Was viel schwerer wiegt sind die Entwicklungen wie Demographischer Wandel, verändertes Konsumverhalten, der zunehmende Wettbewerb und die Filialisierung. Bedenkt man, dass alleine die 200 größten Einzelhandelsunternehmen in Deutschland, fast die Hälfte des Gesamtumsatzes erwirtschaften, erscheint der Teufel E-Commerce plötzlich nur noch als kleines Bengelchen.

location-based-services „Location Based Services“ haben aber dennoch einen großen Wert für den Einzelhandel, wenn auch nicht alle Sparten gleich davon profitieren werden. Hier kann die Studie „Lokale Welten“ des Instituts für Demoskopie Allensbach, weiterhelfen.

Kurz gefasst, lokaler Handel ist beliebt. Denn nur im stationären Einzelhandel erhalten die Kunden die sehr geschätzte persönliche Beratung (84% der Befragten). Dabei spielt es natürlich auch eine Rolle, was die Konsumenten suchen. So buchen z.B. 55% der Befragten ihre Hotels oder Reisen online, dafür kaufen aber nur 2% ihre Lebensmittel online.

Auch klar ist, dass die Altersgruppe der Online-Käufer meist jünger sind. So haben in der Altersgruppe der 16- bis 44-Jährigen schon 90% online geshoppt, während mit zunehmendem Alter die Online-Einkäufe abnehmen.

Fazit:

„Location Based Services“ sind nicht das Allheilmittel für den Einzelhandel, aber es ist eine durchaus interessante Chance, die man nicht verpassen sollte. Allerdings sollte man die Umsatzträume mancher Anbieter kritisch betrachten und auf die jeweilige Region herunterbrechen. Was in Städten funktioniert, muss auf dem Land nicht unbedingt auch klappen (fehlende Infrastruktur für 1-Day-Delivery z.B.). Auch der Umsatzanteil des E-Commerce am Gesamthandel sollte hier berücksichtigt werden.

Einen Vorteil, den ich besonders an LBS schätze, ist, dass er eine Möglichkeit für die Händler bietet, den Einstieg in das Thema E-Commerce reibungslos zu vollziehen.

Kombiniert man die Möglichkeiten, die „Location Based Services“ zur Verfügung stellen, kann man daraus ein mächtiges Marketinginstrument schmieden. Vor allem der Bereich der Auswertung der Kunden, Laufwege, Verweildauer vor bestimmten Produktgruppen usw. wird hier meiner Meinung nach unterschätzt. Denn das sind genau die Daten, die der Einzelhändler benötigt um seine lokale Aktivität zu optimieren und zu kontrollieren. Denn mit diesen Daten erhält er ein detailliertes Nutzerverhalten, mit dem er sein Angebote und Sortiment verbessern kann und sogar sofort reagieren kann.

Ist der Einzelhandel schon bereit für „Location Based Services“?

Genau hier liegt der Hund begraben, denn mit den benötigten Voraussetzungen für LBS und E-Commerce tun sich die Einzelhändler schwer. Hier haben es die Filialisten meist einfacher als die Kleinunternehmer, den was braucht man denn um in der online Welt mitzumischen?

  1. Findbarkeit des Händlers im Internet via Suchmaschinen und Co.Um im Internet überhaupt gefunden zu werden, benötigt es irgend eine Form der Internetpräsenz. Laut statistischem Bundesamt haben 66% der Unternehmen in Deutschland bereits eine Webseite. (Quelle: Statista –  Anteil der Unternehmen mit eigener Webseite)Im Einzelhandel dürfte der Anteil etwas geringer sein. Aber, über 30% der Einzelhändler haben keinen Internetauftritt, was deren Affinität zum Thema E-Commerce deutlich aufzeigt.
  2. Für einen Online-Shop o.ä. benötigt man ein entsprechendes Kassensystem, welches die Daten digital verwalten kann um den Aufwand nicht ins Unermessliche zu schießen. Laut Bundesministerium wird solch ein digitales Kassensystem ab dem 01.01.2017 Pflicht. Der Vorteil ist hier ganz klar, dass eine Art Warenwirtschaftssystem damit verbunden ist, worüber sich der Onliner und das Finanzamt freuen. Bisher schaut es hier eher schlecht im Einzelhandel aus.
  3. Wer in das Thema LBS oder E-Commerce eintauchen will, benötigt auch entsprechende Vorräte an Produkten, was ein entsprechendes Lager für die Waren bedingt. Hier wird es bei den meisten kleinen Einzelhändlern bereits eng, denn diese haben oft nur ein oder zwei Produkte in einer entsprechenden Farbe und Form vorrätig. Vor allem bei kleinen Textilern und Schuhgeschäften usw. könnte der Platz schnell eng werden.
  4. Der Versand der Produkte ist ebenfalls ein Problem. Denn hier entstehen dem Einzelhändler Kosten, die gerade für kleine Betriebe ärgerlich werden könnten. Denn ein kostenloser Rückversand der Ware könnte hier ungeahnte Kosten aufwerfen. Um diesen Kosten zu begeben bietet „Location Based Services“ diverse Modelle an, die aber nicht überall realisierbar sind. Das einfachste Modell ist ein Produkt online zu reservieren um es dann im Geschäft probieren zu können und dort zu kaufen. Etwas fragwürdiger ist die Technik des „Same-Day-Delivery“, also der Lieferung des Produktes innerhalb eines Tages nach Bestellung online. In einer Großstadt mag das funktionieren, aber auf dem Land dürften die Kosten für solch ein System exorbitant werden.
  5. Und zu guter Letzt, der Zeitaufwand. Wer fotografiert die Produkte, stellt die Beschreibungen online und kontrolliert die einzelnen Bestellungen und antwortet auf Fragen? Darauf gibt es zwei einfache Antworten, entweder der Einzelhändler kümmert sich darum oder er beauftragt einen Kümmerer, was wiederum Kosten verursacht.

Jeder Einzelhändler, der diese 5 Punkte erfüllt, ist bereit für „Location Based Services“. Betrachtet man diese Grundvoraussetzungen, wird es in manchen Branchen durchaus eng. Denn der Einzelhändler muss auch willens sein den Weg in das WorldWideWeb gehen zu wollen.

Fazit:

Location Based Services sind ein interessanter Einstieg ins E-Commerce und zur Optimierung der eigenen Angebotspalette am POI (Point of Interest). Der Einzelhändler muss den Schritt wollen, ansonst funktioniert kein noch so gutes Konzept.

Wolfram Daur
Online Marketing Manager

(2016 offiziell zertifiziert durch Online-Studium zum Online Marketing Manager durch die DEPAK)

Wolfram Daur

Wolfram Daur - Marketingleiter / Digital CMO - Schwerpunkt E-Commerce - Online Marketing Spezialist. Zertifikate: E-Commerce Manager (SMA) | Master Leadership Performance A (BPA) | Online Marketing Manager (DPA) - Leidenschaften: Produktentwicklung, Design, Neuromarketing...