Was ist Digitalisierung 4.0 überhaupt?
Klar könnte man über das Thema Digitalisierung 4.0 ganze Romane verfassen, das will ich hier aber nicht. Daher nur eine Kurzinterpretation wie ich Digitalisierung verstehe um daran aufzuzeigen, worin die Probleme in Deutschland, meiner Meinung nach, liegen.
Nur weil ein Unternehmen eine Fanpage auf Facebook, ein CRM oder eine Webseite hat, ist dieses nicht digital! Juhuu, ich habe eine Apple-Watch, ich bin digital transformiert!!!! – Ähm, nein.
Allgemein bezeichnet man die Digitalisierung als Wandel vom Analogen ins Digitale. Heißt analoge Prozesse wurden digitalisiert. Digitalisierung 4.0 (ich hab keine Ahnung wo 2.0 und 3.0 sind!?) geht über die reine Digitalisierung von analogen Prozessen hinaus. Es geht hierbei um einen essentiellen Kulturwandel und Veränderungsprozess. Es geht um die Möglichkeiten der Vernetzung und der Schaffung von Netzwerken. Neue Kommunikationsformen entstehen und die Automatisierung von Prozessen, Maschinen etc. wächst an. Digitalisierung 4.0 betrifft nicht nur die technischen Prozesse und datengetriebene Analysen, sondern auch das Mindset der Menschen. Geschwindigkeit ist einer der neue KPIs der Digitalisierung 4.0. Ein andere ist der Austausch von Wissen über Netzwerke um Lösungen zu beschleunigen. Wissen und Informationen sind überall und jederzeit abrufbar und verfügbar.
In Deutschland herrscht die Kakistokratie.
„Kakistokratie“, die erste Silbe sagt eigentlich schon alles. In der Politikwissenschaft bedeutet es – Die Herrschaft des Schlechtesten. Klingt jetzt erst mal ziemlich heftig, aber schauen wir uns doch mal um.
- Legendär 19. Juni 2013 – Bundeskanzlerin Frau Merkel (CSU): „Das Internet ist für uns alle Neuland!“
- Januar 2019 – Horst Seehofer (CSU) – Bundesminister des Inneren, für Bau und Heimat: “Ich bin auch sehr im Internet unterwegs. Nicht so sehr mit Ihnen und mit Twitter und so weiter… aber seit den achtziger Jahren.” – das Internet gab es erst 10 Jahre später!
- Mai 2019 – Wolfgang Schäuble (CDU) und Manfred Weber (CSU – Spitzenkandidat für die EVP) – Fordern eine Klarnamenpflicht im Internet “Für eine offene Gesellschaft ist es schwer erträglich, wenn sich die Menschen bei Debatten im Internet nicht offen gegenübertreten” – ja, in China ist das schon jetzt so und Erdogan fände das bestimmt auch toll!
- April 2019 – Cyberangriff auf Politiker und Veröffentlichung von persönlichen Daten „Das Entsetzen in der Politik ist groß. Viele hundert Parlamentarier sehen sich mit der Tatsache konfrontiert, dass ihre persönlichen Daten ins Internet gestellt wurden. Auch die Bundesregierung ist in Sorge.“ – Aber einen Monat Klarnamen fordern!?
- Artikel 13, DSGVO, Uploadfilter, Darknet, Hochgeschwindigkeitsinternet….
Auch wenn ich einen riesen Spaß daran hätte, diese Liste weiterzuführen, höre ich damit auf und komme zurück zum Thema Kakistokratie.
Kakistokratie bedeutet die Herrschaft des Schlechtesten. Also Personen in hohen Ämtern, die sich entweder nicht für die Themen interessieren oder einfach nicht in der Tiefe Bescheid wissen.
Hierzulande ist es anscheinend in Mode Aussagen über digitale „Dinge“ zu treffen, die komplett falsch oder gefährliche Halbwahrheiten sind. Interessanterweise juckt das irgendwie auch niemanden, da ist der Dieselskandal viel spannender, oder der Ausgang eines Fußballspiels. Dabei sollte man doch gerade Politikern wie Frau Merkel, die immerhin Doktorin der Physik ist, eine gewisse wissenschaftlicher Herangehensweise unterstellen können.
Klar trifft das nicht auf alle Politiker allgemein zu. Es gibt genügend jüngere Politiker zwischen 40 und 50 Jahren die tatsächlich Know-how im Digitalen besitzen, doch leider haben die nicht das Sagen.
Dieses Problem herrscht aber nicht nur in unserer Politik vor, sondern auch gerade in unseren Traditionsunternehmen.
Wir alle kennen Aussagen von Führungskräften in verschiedensten Branchen wie:
- Das Internet geht vorbei!
- Linkbuilding / SEO… ist Voodoo!
- …
Auch in Unternehmen sitzen leider zu oft “alte Herrscher” auf ihrem Führungstoren und denken – Sie hätten Ahnung vom Thema. Nachvollziehbar, denn niemand zeigt ihnen ihre Grenzen auf und die Selbstüberschätzung regiert auch hier. Darüber sitzen dann noch die Firmeninhaber, die in der Regel jenseits der 60 sind und sich auf die Aussagen ihrer Führungskräfte verlassen und damit diesen Wahnsinn unbewusst unterstützen.
Und diese Führungskräfte wollen das ja auch nicht ändern. Wessen Führungsmethode auf Herrschaftswissen aufgebaut ist, wird alles Erdenkliche tun um einen Wissensverlust zu vermeiden. Außerdem steht die Rente ja auch noch kurz bevor, daher lieber kein Risiko eingehen – Dienst nach Vorschrift ist angesagt. Die Digitalisierung 4.0 gefährdet den Job dieser Führungs“elite“.
Daher meine klare Aussage zur Digitalisierung 4.0 in Bezug auf Politik und Traditionsunternehmen ab ca. 150 Mitarbeitern.
„Lasst es bleiben, versucht es erst gar nicht, wählt einen anderen Weg. Ihr könnt die Situation aktuell nicht ändern.“
Warum keine Digitalisierung 4.0 in Traditionsunternehmen?
Gerade bei Traditionsunternehmen geht es um teilweise extrem eingewachsene Strukturen. Dadurch ist es einfach nicht möglich den kompletten Apparat umzustellen und wenn, wäre der Zeitaufwand so groß, dass bis zum Abschluss des Wandels schon der nächste da ist.
Stellt Euch vor, Euer Unternehmen ist ein Containerschiff und morgen soll es ein agiles Schnellboot sein. Allein die massive Struktur bietet schon Wiederstand für Jahrzehnte.
Dass es einigen Unternehmen trotzdem gelingt, sich digital zu transformieren, liegt an radikalen Eingriffen.
Das Containerschiff muss zerlegt werden, alter Ballast entsorgt und in kleinere Boote umgebaut werden. Von einem kleineren Boot zum Schnellboot ist der Schritt dann nicht mehr ganz so groß. So eine Zerlegung findet aber nicht auf Ebene der Arbeitnehmer statt, sondern ist ganz oben angesiedelt. Tja, und da hocken die Politiker, die Führungskakistokraten!
Klassisch würde man jetzt hergehen und einen Führungskraft mit der Digitalisierung 4.0 des Konzerns beauftragen. Dafür braucht es einen kreativen, agilen und digitalen Leader. Die meisten Konzerne würden hier wohl auf den Marketingleiter schielen. Sollte dieser doch mit den neuesten Trends und Techniken vertraut sein. Scheidet dieser aus, geht die Suche weiter. Die Option geht auf den IT-Chef. Dieser sollte ja digital affin und mit den neuesten Techniken vertraut sein. Leider sind IT- Abteilungen in großen Unternehmen eher EDV-Dienstleister. Die IT in Deutschland ist schon lange nicht mehr innovativ und versucht eigentlich eher das Gestern zu erhalten und nicht das riskante Morgen zu bevorzugen. Die IT ist also rückwärtsgewandt. Klar würde sich die IT freuen, die Digitalisierung anzuführen, die Folgen wären aber verheerend. Jeder von uns hat bereits seine Erfahrungen mit der IT und Programmierern gemacht. Deren Arbeitsweise beruht auf einer anderen Logik und ist rein technikorientiert und damit Meilenweit von einer sinnvollen Usability entfernt. Das Unternehmen wäre schlichtweg überfordert.
IT denkt in Technologien nicht in Kultur und ist oft mehr EDV als Innovation.
Die Probleme der Digitalisierung von Konzernen sind riesig. Eigentlich müsste die Angst ja lauten, gibt es unser Unternehmen morgen noch? Hier fallen aber die persönlichen Ängste der Führungskakistokraten stärker ins Gewicht, Machtverlust, Angst nicht mehr mitreden zu können etc.
„Daher vergesst es einfach und versucht gar nicht ein solches Unternehmen digital zu transformieren. Ihr spart Euch damit echte Enttäuschungen und Frust.“
Und vielleicht ist das auch gut so. Denn es gibt ja auch noch andere Wege Teil der Digitalisierung 4.0 zu werden.
Versucht nicht das Containerschiff zu transformieren, sondern erschafft um das Schiff herum Schnellboote die das Thema Digitalisierung 4.0 leben.
Dafür nehmt Ihr z.B. all die Mitarbeiter aus der festgefahrenen Struktur des Containerschiffs, die schon digital sind. Die, die noch mit Leidenschaft brennen, mutig und kreativ sind und noch nicht verdorben durch die vorherrschende Struktur. Wichtig ist, dass diese auch ein gewisses Wissen über das Unternehmen und dessen Leistungen und Produkte haben. Und glaubt mir, es gibt viele die glauben, sie wären digital etc. aber es wird nur eine Handvoll an solchen Mitarbeitern geben.
Diese führt Ihr dann in einer Research-Unit zusammen und baut damit Euer erstes Schnellboot.
Wichtig dabei, stellt dieser Unit alle notwendigen Ressourcen zu Verfügung und trennt dieses komplett vom Mutterschiff. Gebt die Entscheidungen ab und mischt Euch bloß nicht ein!
Diese Research-Unit entwickelt dann…
- neue Produkte und Leistungen für das Containerschiff.
- führt Marktbeobachtungen durch.
- betreibt Forschung.
- kauft Startups ein.
- wird zum Inkubator.
- ergänzt das Alte.
- baut neue Schnellbote auf.
Sollte so rein gar kein Potential im Containerschiff vorhanden sein, dann kauft es ein.
Es gibt inzwischen genügend Beispiele von Unternehmen die genau dieser Strategie folgen und erfolgreich sind. Nur machen müßt Ihr es selber und zwar jetzt, es geht um die Zukunft des Unternehmens, nicht um die Befindlichkeiten einzelner Führungskräfte.