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Customer Centricity

Customer Centricity (deutsch: Kundenorientierung oder Kundenzentrierung), tauchte als Schlagwort, das erste mal um 2009 auf und bezeichnet ein unternehmerisches Leitbild, welches sich am Einzelkunden orientiert.
Nun sollte man meinen, dass „der Kunde ist König“ ein alter Hut ist. Genauer schreib der Managementexperte Peter F. Drucker schon vor 60 ´Jahren von dieser Philosophie. Aber irgendwie ging diese Ideal in den Jahren der Massenmärkte wieder verloren. Erst Steve Jobs machte Customer Centricity wieder Mainstream fähig, indem er erkannte, dass Technologie nur ein Mittel zum Zweck ist, Kunden zu begeistern. Nun, der Erfolg gab ihm Recht.

Was bedeutet Customer Centricity?

Der Klassische Ansatz von Unternehmen orientiert sich an deren Produkten. Heißt, ein Unternehmen nimmt eines seiner Produkte und überlegt, wie man dieses verpackt um es dem Kunden zu verkaufen. Dadurch werden alle Vertriebs- und Marketingkonzepte dem Produkt unterstellt, produktorientierter Ansatz.
Bei der Customer Centricity weicht man von diesem Modell ab und legt den Fokus komplett auf den Kunden. Die Wertschöpfungskette beginnt also nicht mit dem Produkt, sondern mit dem Kunden. Hierfür spielen die Interessen, Erwartungen und Wünsche des Kunden eine entscheidende Rolle, die es in Form eines Produktes zu erfüllen gilt, ebenso alle Vertriebs- und Marketingkonzepte.
Customer Centricity ist also ein kundenorientierter Ansatz, erst der Kunde, dann das Produkt und die jeweiligen Kanäle. Der Kunde ist König.

Customer Centricity ist die Denkweise, Situationen aus der Sicht des Kunden zu betrachten, nicht nur aus der persönlichen Perspektive oder der Perspektive des Unternehmens. Sie ist Unternehmenskultur, Strategie und Philosophie in einem.

Hier ein paar Zitate, die diese Denkweise veranschaulichen:

„Wir sehen unsere Kunden als geladene Gäste einer Party und wir sind die Gastgeber. Es ist unsere tägliche Aufgabe, jeden wichtigen Aspekt des Kundenerlebnisses ein bisschen besser zu machen.“
Jeff Bezos – Amazon

„Der Kunde sagt uns, wie wir im Geschäft bleiben können, daher sollten wir besser zuhören.“
Kelly Soligon – Microsoft

„Ihre unglücklichsten Kunden bringen Ihnen am meisten bei.“
Annette Franz – CX Journal

„Der Kundenservice sollte keine Abteilung sein, sondern das ganze Unternehmen.“
Tony Hsieh – Zappos

„Machen Sie den Kunden zum Helden Ihrer Geschichte.“
Penny Wilson – Hootsuite

„Das Leitbild mag an der Wand hängen, aber die zentralen Werte Ihres Unternehmens zeigen sich an der Einstellung Ihrer Mitarbeiter.“
Elle Clarke – Elle Clarke Media Group

„Es ist einfacher, eine Marke zu lieben, wenn die Marke die Gefühle erwidert.“
Seth Godin – Autor und Unternehmer

Welche Vorteile bietet Customer Centricity?

Die Vorteile für kundenorientierte Unternehmen sind weitreichend. Wie Seth Godin sagte, wenn sich der Kunde von der Market geliebt bzw. Wert geschätzt fühlt, führt dies zu einer stärkeren Kundenbindung. Dieser Kunde ist dann nicht nur ein glücklicherer Kunde, sondern er wird auch zum Markenbotschafter / Influencer für die Marke. Insbesondere, wenn das Unternehmen dafür Anreize bietet!
Studien belegen, Customer Centricity führt zu Win-Win für Kunden und Unternehmen. So belegten Studien des Marktforschungsunternehmen Garnter und Lünendonk sowie des Customer-Experience-Beratungsunternehmens Walker:

  1. 84% der Entscheider in den Unternehmen halten Customer Centricity für sehr relevant für den zukünftigen Unternehmenserfolg.
  2. Loyalität und Weitempfehlungsbereitschaft bei begeisterten Kunden ist drei Mal höher.
  3. Kundenzentrierte Unternehmen sind im Schnitt 60 Prozent profitabler.
  4. 86 Prozent der Käufer sind bereit, mehr für eine gute Customer Experience zu bezahlen.
  5. 89 Prozent aller Unternehmen erwarten, sich künftig hauptsächlich durch Customer Experience vom Wettbewerb abzuheben.

Kurzum, Customer Centricity bringt zufriedenere Kunden, die gerne mal die Marke empfehlen (insbesondere mit Anreizen), erhöht die Kundenbindung und führt letztendlich zu mehr Umsatz.

Bekanntlich ist es wesentlich günstiger, einen Stammkunden zu halten als einen Neukunden zu gewinnen. Deshalb geht es bei der Customer Centricity nicht nur um Erstkäufer, sondern auch um langfristige Kundenbeziehungen.

Außerdem kann die Kundenzentrierung als Unternehmens-USP genutzt werden. Solch ein USP ist gerade in der heutigen Zeit wichtiger denn je. Denn durch die digitalen Märkte sind alle Produkte und Leistungen in Sekunden vergleichbar. Gerade hier, wirken sich Stimmen , Feedbacks und Meinungen anderer Käufer besonders positiv aus.

Welche Voraussetzungen braucht ein Unternehmen zur Umsetzung der Customer Centricity?

Um die Kundenzentrierung umzusetzen muß das Unternehmen in erster Linie die entsprechende Umgebung zur Verfügung stellen. Heißt, es müssen Kundeninteressen, Verhaltensmuster etc. analysiert, bewertet, entsprechende Handlungsempfehlungen ausgearbeitet und umgesetzt werden. Das Unternehmen muß also lernen, dem Kunden zuzuhören!
Egal ob man die eigene Webseite analysiert, indem man das nutzerverhalten beobachtet und optimiert, bis hin zu Loyality-Programs am Point of Sale. Jeder Kontakt mit einem Kunden ist wichtig.
Im E-Commerce spielen mehrere Aspekte zusammen, Nutzer zentriertes Design, hohe Usability und Inbound Marketing kombiniert mit Multichannel-Ansatz. Bei einer Coffeeshop-Kette z.B. die Ansprache des Kunden beim Vornamen etc.

Digitalisierung muss sein.

Egal wie man es dreht und wendet, je größer ein Unternehmen ist, desto mehr Daten können über die Kunden gesammelt und ausgewertet werden. Ein kleiner Einzelhändler kann sich hier die Namen der Kunden vielleicht noch merken, aber ohne entsprechende digitale Struktur wird das schnell Unmöglich.

Es muß also eine entsprechende, digitale Umgebung geschaffen werden, die mehr Informationen bereit stellt als herkömmlich in einem CRM erfasst. Wobei die meisten CRM-Systeme zwar über entsprechende Settings verfügen, diese aber von den Unternehmen nicht genutzt werden. In der bisherigen, produktorientierten Unternehmenskultur reicht in der Regel die Rechnungsadresse!
In der kundenzentrierten Welt braucht es einfach mehr Daten.

Mit modernen CRM-Systemen wird der Kunde über alle Phasen der Customer Journey hinweg betrachtet und der Kundenwert datengetriebenen optimiert. Dies gilt nicht nur für digitale Kontaktpunkte, sondern auch klassische Kanäle, in denen die Kunden mit einem Berater interagieren.

Daher ist meines Erachtens die erste wichtige Grundlage für eine Customer Centricity, die Digitalisierung des Unternehmens an sich. Wer keine Kundendaten aus den verschiedensten Kanälen sammeln, bündeln und auswerten kann, kann auch keine Customer Centricity aufbauen.

Ich glaube, dass viele Unternehmen gerne stärker auf die Kundenzentrierung bauen möchten, aber schon an der Hürde der Digitalisierung scheitern.

Ohne Online Marketing geht´s nicht.

Die entsprechenden Kundendaten müssen als nächstes auch genutzt werden. Hier kommt dann unter anderem das Marketing ins Spiel. Heißt, das klassische Marketing, welches Kampagnen anhand von Annahmen erstellt, muß zum datengestützten Online-Marketing werden. Denn nirgends kann das Nutzerverhalten schneller und einfacher analysiert und bespielt werden, als Digital. Auch gibt es hier eine hohe Automatisierungsstufe, die es ermöglicht, jeden einzelnen Kunden individuell zu beliefern.

Dazu kommen das Content-Marketing, welches auf Fragen der Kunden eingeht, Antworten liefert und als Inbound-Marketing, die Kunden durch den Funnel zum Ziel führt. Unterstützen kann man hier durch Online-Umfragen, Feedback von Kunden oder eine Expertenmeinung eines Bloggers uvm.

Der Kunde wird also nicht mehr als Zielgruppe in Region und Alter angesprochen, sondern individuell. Klassisch unterscheidet man hier zwischen Inbound (Pull) und Outbound (Push) Marketing. Eine klassische Zeitungsanzeige wäre hier ein Push, also mit hohen Streuverlusten, da die Zielgruppe nur ungenau definiert werden kann. Inbound hingegen wäre z.B. ein Zeitungsartikel, der eine Hilfestellung für den User darstellt. Diesen Artikel findet der potentielle Kunde über eine Suchanfrage, also mit bestehendem Interesse! Der Streuverlust beim Inbound ist damit minimal.

Tja, und als letztes, die Unternehmenskultur!

Die Customer Centricity ist jedoch mehr als ein Service oder ein Vertriebskanal: Sie ist Unternehmenskultur, Strategie und Philosophie in einem. Das Konzept erstreckt sich auf alle Bereiche eines Unternehmens und erfordert Zugeständnisse aller Mitarbeiter – vom Management über unterschiedliche Abteilungen bis hin zum Verkäufer und zum Servicemitarbeiter.

Sämtliche Mitarbeiter müssen empathisch denken, einfühlendes Verhandlungsgeschick beweisen und kundenbezogene Prozesse gut kennen, um ein durch und durch kundenzentriertes Unternehmen zu bilden und zu repräsentieren. Alle Mitarbeiter müssen sich gemeinsam und unabhängig von „ihrem Channel“ für die Kundenzufriedenheit verantwortlich fühlen.

Es geht im Kern darum, die Bedürfnisse der Kunden zu antizipieren, Lösungen und Services anzubieten, die Kunden zu begeistern und überraschen, ohne dabei deine unternehmerischen und ökonomischen Interessen zu verletzen.

Wenn Jeff Bezos an einem Meeting teilnimmt begleitet ihn meist ein Stuhl. Nicht für sich selbst, sondern für die wichtigste Person am Konferenztisch: den Amazon-Kunden. Wie würde ein Kunde die Idee finden, wenn er mit am Tisch säße? Welche Argumente würde er in die Diskussion einwerfen? Der leere Stuhl ist mittlerweile eine Institution und ein Symbol für kompromisslose Kundenorientierung – seit über 20 Jahren einer der wichtigsten Amazon-Erfolgsfaktoren.

Ansätze zur Entwicklung von Produkten mit Customer Centricity

  1. User Stories
    Sie beschreiben die Anforderungen an ein Produkt oder Service aus Sicht des Nutzers. Als Format ist die User Story ein zentrales Werkzeug in der Zusammenarbeit agiler Teams. Ihr Einsatzgebiet reicht von der Validierung von Kundenbedürfnissen bis zur Anforderungsformulierung in Scrum Teams.
  2. Jobs-to-be-done
    Was will der Kunde eigentlich wirklich erreichen?
    z.B. Kunden wollen keine Bohrer, sie wollen ein Loch in der Wand!
    Anstatt sich darauf zu konzentrieren, einen besseren Bohrer zu entwickeln, sollte also das eigentliche Problem im Vordergrund stehen. Die zugrunde liegende Aufgabe, zum Beispiel ein (schweres) Bild aufzuhängen oder ein Wandregal zu befestigen. 
  3. Die Customer Journey
    Woher kommt der Kunde, welchen Weg hat er genommen, welche Touchpoints etc. um das Ziel zu erreichen?
  4. Lean Startup
    Durch kontinuierliches Kundenfeedback und das Testen von Hypothesen werden möglichst frühzeitig Rückschlüsse in der Produktentwicklung gezogen. So wird der Prozess schlank gehalten und die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns reduziert.
  5. Design Thinking
    Ein Ansatz um Lösungen für Probleme zu finden, die aus Anwendersicht her überzeugen. Der Fokus liegt hierbei auf der Anwendung eines Prototypen, wobei die Erfahrungen damit zur Optimierung genutzt werden.

Treiber für positive Kundenerlebnisse

Um eine bestmögliche Kundenzentrierung zu erreichen, gilt es künftig, konsequent aus deren Sicht zu denken und die Treiber für positive Kundenerlebnisse zu adaptieren.

  1. Integrität: Vertrauensbildende Momente schaffen für eine langfristige Kundenbeziehung
  2. Problemlösungskompetenz: Unverzügliches Handeln bei aufkommenden Problemen, wobei der Servicegedanke im Vordergrund steht
  3. Erwartungen: Spezifische Kundenerwartungen kennen und diese erfüllen
  4. Zeit & Aufwand: Schnelle Reaktionsfähigkeit in der Kundeninteraktion und eine einfache Handhabung bei Anwendungen 
  5. Personalisierung: Passgenaue Produkt- und Serviceangebote unterbreiten, die eine hohe Relevanz für die Kunden haben
  6. Empathie: Verständnis für die individuelle Kundensituation zeigen

Beispiele für Customer Centrificy

Lexus

  • Als ein Kunde in den französischen Alpen eine Panne mit seinem Lexus hatte, wurden er und seine Familie mit dem Helikopter abgeholt und zum Ferienort weitergeflogen.
  • Lexus-Händler werden ermutigt, Autos zurückzunehmen, wenn Kunden nicht hundertprozentig zufrieden sind. Als die Fernbedienung eines Lexus das Garagentor eines Kunden nicht öffnen konnte, tauschte der Händler den Wagen kurzerhand gegen ein anderes Fabrikat um.
  • Lexus-Mitarbeiter werden geschult, die eigene Marke im Straßenverkehr zu beobachten. Sollte Ihnen z.B. ein defekter Scheinwerfer auffallen, sollen Sie dem Fahrer eine kostenfreie Reparatur anbieten.

CYBEX

Der Kinderwagen-Hersteller setzte sich das Ziel, die Kunden beim Onlinekauf seiner exklusiven Kinderwagen zu begeistern: Realisiert wurde einen Premium-Konfigurator, der maximale Flexibilität und Personalisierung ermöglicht und die Kinderwagenauswahl zum Design-Erlebnis macht.

Matratzen Concord

Europas größter Matratzenhändler will seinen Marktanteil durch eine verbesserte Onlinepräsenz erhöhen. Eine wichtige Vorgabe war es, den persönlichen Kundenkontakt am POS durch die Intensivierung der Online-Aktivitäten nicht zu kannibalisieren. Es entstand ein Omnichannel-Konzept, das die Teams im stationären Handel intelligent mit den E-Commerce-Aktivitäten verbindet und so die Kundenpräsenz in den Ladengeschäften sogar weiter ankurbeln konnte.

Adidas – Futurecraft

Der Kunde geht in einen Adidas Store, läuft nur ein paar Schritte auf einem Laufband und bekommt im Handumdrehen einen neuen Laufschuh aus dem 3D-Drucker – so sieht die Vision mit dem schicken Namen “Futurecraft” von Adidas aus.

Keller Sports

Auch Keller weiß, was Kunden wünschen. Zum Beispiel Motivation. Der Sport-Equipment-Anbieter aus München erlaubt seinen Kunden, mit jeder Fitnessuhr Laufmeilen – sogenannte “sMiles” – zu sammeln, die der Kunde dann im Shop als Punkte einlösen kann.

www.framily.de

Spannend auch der kundenzentrierte Ansatz von www.framily.de.In diesem Online-Shop können Eltern in wenigen Schritten ein eigenes Kinderbuch konfigurieren und dort die eigenen Kinderfotos mit einbinden.

BMW

Mit additivem 3D-Printing kann BMW beispielsweise Namen in Bauteile eindrucken. Ganz nach dem Motto: Mein Auto heißt Weißer Blitz! Während bisher immer erst teure Werkzeuge für die Produktion der einzelnen Autoteile angefertigt werden mussten, fallen diese Kosten beim 3D-Druck weg. Und so ist es nun möglich, auch individuelle Tattoo-Teile im Auto zu verbauen.

Na, Lust auf Customer Centricity bekommen?

Photo by Jon Tyson on Unsplash

Wolfram Daur

Wolfram Daur - Marketingleiter / Digital CMO - Schwerpunkt E-Commerce - Online Marketing Spezialist. Zertifikate: E-Commerce Manager (SMA) | Master Leadership Performance A (BPA) | Online Marketing Manager (DPA) - Leidenschaften: Produktentwicklung, Design, Neuromarketing...