Als Online Händler gibt es viele Hürden, denen man sich stellen muß. In erster Linie die eigenen Produkte und den Webshop, Einkauf, Fulfillment, Vertriebskanäle wie Amazon, Google, ebay usw. und dann auch noch das Marketing! Die meisten Händler haben zwar ein sehr gutes Gespür für deren Produkte und den Markt, aber ihnen fehlt die Leidenschaft für´s Marketing. Was nicht weiter schlimm ist, denn es gibt ja unzählige Agenturen da draußen, die hier gerne mit Ihrem Know-how aushelfen.
Unsere eigene Erfahrungen mit Agenturen waren großteils neagtiv!
Wir haben über die letzten Jahre hinweg die unterschiedlichsten Agenturen getestet, in der Hoffnung, etwas mehr Zeit für das Tagesgeschäft zu bekommen, mit einem erschütternden Ergebnis.
Allein in 2022 hatten wir 4 Amazon Agenturen am Start, davon eine KI, 2 Google Dienstleister und zig Termine mit Agenturen aus den Bereichen Influencer, UGC, Facebook und Insta etc.
Immer in der Hoffnung
a) zu lernen um selbst besser zu werden und
b) um outzusourcen.
Geblieben ist uns davon viel Arbeit, Unkosten und Frust. Unser Vertrauen in die selbsternannten Spaß-Agenturen ist komplett dahin.
Inzwischen ist es so, wir werden immer noch regelmäßig von Agenturen angeschrieben und angerufen. Aber die meisten streichen die Segel, sobald wir Ihnen unsere Performancezahlen gezeigt haben. Den April 2023 haben wir z.B. mit einem Plus von 10% zum Vorjahr abgeschlossen. Unser TACOS (2023) liegt bei 5,6% der ROAS entsprechend bei 17,96. Amazon fahren wir durchschnittlich einen TACOS von 5,7% und Google von 7,5%. Amazon ist zwar noch der Hauptkanal, wir konnten aber Google so weit aufbauen, dass Google 34% und Amazon 37% vom Umsatz ausmachen. Der Rest kommt über unsere Shops, Vergleichsportale und andere Marktplätze. Und das Schönste, wir machen das alles aus unseren eigenen, gewachsenen Erfahrungen, inhouse.
Was unsere Arbeitsweise von denen einer Agentur unterscheidet?
Ganz einfach, der Spirit! Wir haben unsere Strategien für den Verkauf unserer eigenen Produkte entwickelt. Wenn wir Mist bauen, dann merken wir das direkt am Umsatz, einer Agentur ist das „egal“! Einer Agentur fehlt quasi die Identifikation mit dem unternehmerischen Risiko des Händlers den sie betreut.
Zur Ehrenrettung muß ich allerdings auch noch sagen, dass es durchaus gute Agenturen gibt, die auch was können. Aber es kommt immer darauf an, wann man eine Agentur einschaltet.
Wenn ein Händler einen ACOS von 30% hat und die Agentur ihn auf 18% runterschraubt, dann ist das eine Leistung mit beiderseitigem Nutzen. Der Händler hat etwas davon und die Agentur auch. Bei 12% Optimierung dann eine Gebühr von 2% zu kassieren ist meines Erachtens in Ordnung.
Wir liegen aber bei 5,6%, hier lassen sich keine 2% mehr drücken um Agenturkosten mit 2% zu rechtfertigen.
Hier trennt sich die Spreu vom Weizen.
Wenn mir heute eine Agentur erzählt, dass sie uns locker auf 3% ACOS ziehen kann, leg ich einfach auf. Aber es gibt auch Agenturen, die einem sagen, dass man da wohl etwas richtig gemacht hat und freuen sich mit einem. So passiert es dann auch, dass man plötzlich Schulungsanfragen von Agenturen erhält.
Letztere sind dann genau die Agenturen, die ich damals gebraucht hätte, aber in der Flut der Werbeanzeigen, nicht gefunden habe. Es gibt heute einfach zu viele Agenturen und selbsternannte Profis, die auf dem TikTok-Hype des schnellen Geldes reiten und die komplette Branche ruinieren.
Drum prüfe, wer sich ewig bindet – viel Bla Bla und nichts dahinter, die TikTok-Traumagenturen
Meines Erachtens ist es wichtig, dass die Agentur selbst einen erfolgreichen E-Commerce Background hat. Denn nur so kann man sicher sein, dass die verwendeten Strategien auf Erfahrungswerten und nicht auf den Vorschlägen und Leitfäden von Amazon oder Google beruhen. Diese dienen in erster Linie nur dazu, Amazon und Co. Umsatz zu generieren und den Händler “zufriedenzustellen”!
Also prüft ob die Agenturen aktiv und erfolgreich E-Commerce betreiben, wenn nicht, dann werden Sie Euch nicht verstehen, denn ein Online-Händler hat ganz andere Probleme und Motivationen.
Auch hilfreich ist zu prüfen, wie die Agentur für sich wirbt. Die TikTok-Farmer nutzen dabei im Schwerpunkt Social Media und Advertorials, heißt, sie schalten „Anzeigen“ in Hochglanz-Magazinen wie Forbes etc. und erzählen dort wie toll sie sind. Oft sogar noch schlecht mit ChatGPT generiert.
Prüft eure eigene Erwartungshaltungen als Online-Händler.
Wenn eine Agentur euch optimieren soll, dann kostet das Geld und ihr müsst euch ausrechnen ob es sich für euch lohnt oder nicht!
Nehmen wir mal an, ihr macht Amazon-PPC.
Euer monatliches Werbebudget liegt bei 2.000.- € und ihr erzielt damit 8.000.- € Umsatz.
2.000 / 8.000 = 25% ACOS
Laut den Amazon-Beratern ist 30% ACOS ein guter ACOS, naja für Amazon zumindest.
Für euch bedeuten die 25% ACOS, dass ihr das in der Produktmarge mindestens übrig haben müsst sonst macht das ganze keinen Sinn.
Aber gehen wir mal davon aus ihr habt ein Produkt mit 50% Marge.
Von den 50% Marge gehen dann die AD-Spends (25% ACOS) und die Amazon-Provision (ca. 15%) weg, heißt es bleiben euch 10% Marge übrig mit der ihr all eure sonstigen Kosten decken müsst. Bei Google im Vergleich ist es ähnlich, nur, dass die hohe Provision entfällt.
So, jetzt kommt eine Agentur und bietet Euch an, euren ACOS unter 20% zu bringen. Dafür verlangt die Agentur z.B. 2.000.- € pro Monat.
Nehmen wir die Zahlen von oben…
2.000.- € AD-Spends (PPC) + 2.000.- € Agentur = 4.000.- € Kosten
8.000.- € Umsatz bei 4.000 Kosten = 50% ACOS
Macht also keinen Sinn!
Damit das Ganze wieder Sinn macht, müssen 2 Dinge passieren.
1. Die Agentur muß den ACOS drücken
2. Die Kampagnen müssen skaliert werden, was mehr Budget bedeutet.
3. Conversion-Optimierung
4. Optimieren, optimieren, optimieren…
Das sähe dann z.B. so aus…
1. Schritt
Die Agentur optimiert eure Kampagnen etc. und der ACOS sinkt auf 15%, bei gleichem Budget.
2.000.- € AD-Spends (PPC) + 2.000.- € Agentur = 4.000.- € Kosten
ACOS 15% = Umsatz 13.333.- €
Damit läge der Kostenanteil PPC und Agentur bei 30%. Mit der Provision von Amazon von 15% wären von eurer 50% Marge also noch 5% übrig.
2. Schritt
Ist der ACOS in einem vernünftigen Level, wird die Kampagne skaliert. Heißt die Tagesbudgets werden hochgeschraubt.
Gleiche Rechnung nur mit skaliertem Budget…
5.000.- € AD-Spends (PPC) + 2.000.- € Agentur = 7.000.- € Kosten
ACOS 15% = Umsatz 33.333.- €
Damit läge der Kostenanteil PPC und Agentur bei 21%. Mit der Provision von Amazon von 15% wären von eurer 50% Marge also noch 14% übrig.
Jetzt begint das Ganze Spaß zu machen, für beide, den Händler und die Agentur – also skalieren was das Zeug hält, bzw. die Bestände hergeben! (Achtung, Leerverkäufe sind Gift für den Bestsellerrank bei Amazon!)
3. Schritt
Leider ist eine Skalierung endlich, heißt, irgendwann dreht sich der Spieß wieder um und der ACOS steigt wieder. Genau diesen Punkt muß man erreichen und halten. Bei uns liegt dieser Punkt bei Amazon bei +-6% ACOS und bei Google bei +-8%. Hat man diesen Punkt erreicht, geht es in die Conversion-Optimierung um das letzte aus den Kampagnen herauszukitzeln.
4. Schritt
Der Evergreen im Performance-Marketing, die ständige Optimierung der Kampagnen. Kein Kampagnen-Setup bleibt für immer, dafür gibt es zu viele Einflüsse. Dazu gehören, das Wetter, die Konkurrenz, saisonale Einflüsse, Produkt ausverkauft und vieles mehr. Daher müssen Kampagnen regelmäßig optimiert und justiert werden um den gewünschten ACOS zu halten.
Eine Agentur braucht also 2 Dinge von Euch um vernünftig arbeiten zu können.
- Sie muß wissen wo Euere Schmerzgrenze liegt, was den ACOS anbelangt. Dafür müsst Ihr Eure Marge wissen und die jeweiligen Kosten berücksichtigen, die davon zu begleichen sind!
- Ihr müsst bereit sein, des ADS-Budget zu skalieren
Ansonsten wünsche ich Euch viel Spaß bei der Suche nach der richtigen Agentur und beim Berechnen des Ziel-ACOS.
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Foto von Andrew Seaman auf Unsplash