Amazon ist nicht nur der größte Marktplatz der westlichen Hemisphäre, sondern auch die meistgenutzte Suchmaschine für Produkte. Letzteres ist ausschlaggebend für den Erfolg von Amazon und läuft sogar Google den Rang ab, zumindest was Produkte anbelangt.
Daher ist auch der Wettbewerb der Händler untereinander sehr hoch. So kommen auf ein Produkt oft mehrere Anbieter, die um die Käufer kämpfen. Damit hier immer das „beste“ Angebot für den Kunden angezeigt werden kann bedient sich Amazon ähnlicher Funktionen wie Google, der SEO (Suchmaschinenoptimierung) und der SEA (Suchmaschinenadvertising).
Amazon nutzt für die Bearbeitung der gewaltigen Datenmenge, die tagtäglich steigt, den sogenannten Amazon A9 Algorithmus. Dieser komplexe Algorithmus filtert und sortiert die Ergebnisse einer Amazon Suche nach verschiedensten Kriterien. Eines dieser Kriterien sind z.B. die Keywords, die in den Anzeigen enthalten sind. Je besser die Keywords definiert sind, desto besser wird das Produkt auf Amazon gefunden.
Ziel des Algorithmus ist es, dem Kunden stets die für ihn relevantesten Suchergebnisse anzuzeigen.
dieses Ziel kennen wir ja bereits aus der Google-Logik, den Rankingfaktoren. Einer der stärksten Faktoren bei Amazon sind die Sales. Daher bekommen Produkte die viele Käufe generieren, also Umsätze einbringen und die beste Kundenzufriedenheit aufweisen, die besten Positionierungen. Damit stellt der Algorithmus sicher, dass die Chance, dass der Kunde das Produkt kauft und zufrieden ist, maximiert wird.
Des Weiteren wertet A9 das Nutzerverhalten und die Produktseite aus. Dafür untersucht der Algorithmus die vorhandenen Keywords auf der Produktseite und vergleicht diese mit den Keywords, die in der Suchleiste eingegeben wurden.
Verkäufe, welche durch organisch erzeugte Klicks entstehen besitzen nun einen größeren Impact, als Verkäufe die rein durch Advertising generiert werden.
- Schritt 1: Alle Produktseiten werden nach dem in der Suchleiste gesuchten Keyword überprüft. Keywords können bestimmte Marken sein, ein Buchtitel oder auch ein einfaches Wort wie „Handyhülle”. Diese Keywords sollten dann auf den Produktseiten wiedergefunden werden.
- Schritt 2: Es wird überprüft, ob die Ergebnisse mit den richtigen Keywords ein Hauptbild (Standard-Bild und wird immer als erstes angezeigt) besitzen. Die, die kein Hauptbild haben, werden kurzerhand aussortiert.
Wer auf Amazon erfolgreich verkaufen will muß sich in vier Disziplinen messen lassen.
- Amazon-Produkt-Listing Optimierung, der Amazon Suchmaschinenoptimierung (SEO)
Also alles was mit den Produktdaten zu tun hat, von Bildern, Videos, Keywords und Texten. Diese bilden die Grundlage für die organische Reichweite auf Amazon. - Sales Performance
Hier dreht sich alles um den Umsatz! Zu welchen Keywords wurde das Produkte verkauft und zu welchem Preis! Dazu gehören auch die Produktbewertungen, der Preis sowie angebotene Versandarten. Alles wird in einen Zusammenhang gesetzt und mit Click- und Conversion-Raten bewertet. - Soft und Account Faktoren
Zu den Soft Faktoren gehören Werte wie Lagerbestand / Out of Stock (OOS), Reaktionszeiten auf Kundenfragen, Amazon FBA und die Retourenquote.
Account Faktoren sind z.B. ob die Rechnungen für PPC pünktlich bezahlt werden, das Produktportfolio, Verkäuferbewertungen und die Sales History. - Werbeanzeigen (SEA) via PPC (Pay per Click)
Schaltung von Werbekampagnen: Sponsored Products, Display oder Brand.
Verhältnis im Erlösmodell zwischen Amazon PPC und Listing-Optimierung
2021 machte Amazon in Deutschland einen Umsatz von 37,33 Milliarden Euro und erzielte Werbeeinahmen in Höhe von 541,7 Millionen. Geht man von einem durchschnittlichen ACoS von 16% aus stünden den 541,7 Millionen Anzeigenvolumen ein Umsatz von 3,39 Mrd. Euro gegenüber. Das entspricht ca. 10% des kompletten Umsatzes von Amazon.
Unser internes Ziel ist es, den ACoS unter 12% zu halten. Da zu den Werbeausgaben auch noch die nicht unerheblichen Amazon-Provisionen hinzukommen. Bei uns schlagen die Provisionen bei AMZ mit durchschnittlich 15% zu Buche. 15% Provisionen + 12% Werbekosten, sind starke 27% an Kosten, die das Produkt in der Marge mindestens mitbringen muß, um Spaß zu machen. Oder kurzum, amazon verdient knapp ein Drittel am Umsatz des Händlers!
Vergleicht man die Erlöse auf AMZ, die auf Werbekampagnen zurückzuführen sind, mit den organisch (Listing-Optimierung) erzielten Verkäufen, lag der Faktor bei uns in 2022 bei 1 zu 5.
Beispielrechnung:
Werbebudget: 1.000.- € pro Monat
ACoS: 10%
Erlöse durch Werbung: 10.000.- €
Umsatz organisch (1 zu 5): 50.000.- €
Gesamt AMZ: 60.000.- € (abzüglich Provision, PPC etc.) Daher muß die Ausgangsbasis für den Verkauf von Produkten über Amazon immer ein sauber optimiertes Produkt-Listing sein. Um aber erfolgreich zu verkaufen, braucht es noch viele weitere Kriterien.
Kriterien für ein erfolgreiches Listing bei Amazon
- Der Preis
Rund 90% aller Verkäufe laufen über die Buy Box. Es hält sich hartnäckig das Gerücht, die Buy Box könne nur mit dem niedrigsten Angebotspreis gewonnen werden. Beim Verkaufspreis handelt es sich um einen indirekten Faktor. Amazon selbst bevorzugt nicht automatisch günstigere Produkte (Die Provision von AMZ ist prozentual – höherer Preis mehr Provision in Euro!), die Kunden bevorzugen allerdings den günstigsten Preis. Durch die Bevorzugung des niedrigeren Preises durch den Endkunden, werden diese häufiger geklickt und gekauft. A9 lernt dadurch, dass die Conversion-Rate bei Produkten mit niedrigerem Preis besser ist als bei denen mit hohen Preisen. Dadurch landen günstigere Preise ganz einfach, KI-gestützt, öfter in der Buy Box! - Versandkosten
Die Lieferkosten sind für Amazon Kunden niedrig. Bücher sind stets Versandkostenfrei, weitere Bestellungen sind ab 29 € kostenlos, mit Amazon Prime ist der Versand sowieso frei. Aus diesem Grund sind die Amazon User sehr sensibel auf erhobene Lieferkosten durch die einzelnen Händler, bei niedrigeren Verkaufspreisen. Wer also Produkte mit hohen Versandkosten anbietet, wird vom Algorithmus ebenso abgestraft, wie bei hohen Preisen. - Lieferzeit
Amazon garantiert eine schnelle Lieferung. Es ist ein Kernargument, weshalb die Kunden bei Amazon kaufen. Aus diesem Grund sollten die Händler immer genügend Produkte in Lager haben. Kommt es zu Lieferverzögerungen, springen die Kunden zu anderen Anbietern ab, ein leeres Lager wirkt sich direkt auf den BSR (Best Seller Rank) aus. Der BSR wird anhand von mehreren Kriterien gebildet, eines davon sind die aktiven Verkäufe. Fallen die Verkäufe aus, weil das Lager leer ist, verschwindet der BSR im Nirvana. Um den Wert wieder auf Top-Positionen zu bekommen, müssen die Verkäufe wieder angekurbelt werden, „fast“ wie bei einem neuen Produkt! - Rezensionen / Produktbewertungen
Die durchschnittliche Verkäuferbewertung und die Anzahl an Verkäuferbewertungen beeinflussen den Erhalt der Buy Box direkt. Die Produktbewertungen sind für viele User eine extreme Hilfe bei der Kaufentscheidung. Vor allem wenn sie authentisch und echt wirken. Bewertungen können nur nach einem verifizierten Kauf abgegeben werden. Allerdings unterliegen auch Bewertungen einem definierten Katalog an Richtlinien.
Amazon hat hierfür ein Programm aufgelegt, welches es Sellern ermöglicht, Rezensionen für ihre Produkte zu generieren „Amazon Vine – Club der Produkttester“. Dieses Programm steht seit 2019 nicht mehr nur Vendoren zur Verfügung, sondern allen Sellern. Insbesondere da es ohne Rezensionen so gut wie aussichtslos ist, ein gutes Ranking zu erzielen oder die Buy Box zu gewinnen. Mit dem Vine-Programm lässt sich also vor allem auch die Bekanntheit und Sichtbarkeit eines Produktes erhöhen. Daneben tragen Bewertungen fundamental dazu bei, potentielle Kunden auch tatsächlich zu einer Kaufentscheidung zu bringen.
Voraussetzungen zur Teilnahme an „Vine“:- Es handelt sich um eine in der Amazon Brand Registry registrierte Marke.
- Auf der Produktdetailseite wurde das Produkt weniger als 30 Mal bewertet.
- Es muss sich im Zustand „Neu“ befinden und zum Zeitpunkt der Registrierung verfügbar sein.
- Es muss mittels Fulfillment by Amazon (FBA) versendet werden und bereits auf Lager sein. (Hintergrund ist die Gewährleistung der Anonymität der Tester um die Einflussnahme der Händler zu verhindern.)
- Das Listing muss eine Beschreibung und ein Bild beinhalten.
- Bei dem Produkt darf es sich nicht um Erotikartikel handeln.
- Außerdem darf es sich nicht um Zubehörteile handeln, sondern muss eigenständig verwendbar sein. (Ausnahme sind Zubehörteile für gängige Produkte, z.B. Hüllen für Mobiltelefone.)
Vine dürfte damit die einzige „legale“ Möglichkeit sein, Rezensionen auf Amazon zu pushen.
Alternativen:Wird selber versendet, FBM statt FBA, dadurch können wir kleine Geschenk mit beilegen, Gummibärchen etc. und freundlich um eine Rezension bitten.
Oder die alten Bekannten: Eine eigene Verteilerliste mit E-Mail-Adressen. Diese werden für einen Produkt-Launch angeschrieben und erhalten als Erstkäufer einen kleinen Rabatt etc.
- FBA / Amazon Prime
Amazon garantiert seinen Amazon Prime Mitgliedern einen schnellen und kostenlosen Versand. Erstens bevorzugt Amazon aus seiner Sicht Amazon Prime Produkte und zweitens haben Produkte, die mit Amazon Prime versendet werden eine deutlich höhere Conversion Rate. Das liegt am schnellen Versand und dem Kundenvertrauen in das Prime Label. Auch hier schlägt die KI A9 wieder voll zu. - Verkäufer Bewertungen
Genauso wie die Produkte bewertet werden können, gibt es auch eine Bewertungsmöglichkeit für die Amazon Verkäufer. Diese kann erst nach einem tatsächlichen Kauf stattfinden. Zu der Bewertung zählen Punkte wie Lieferzeit, Verpackung, aber auch Reaktionszeiten auf Anfragen. Die Händlerbewertung hat zudem einen Einfluss auf den Erhalt der Buybox. Händler mit sehr schlechten Bewertungen haben schlechte Karten. Ein schlecht bewertetes Händlerprofil wirkt sich daher nicht nur auf ein Produkt aus, sondern gleich auf alle Produkte des Anbieters! - Retourenquote
Retouren verursachen Kosten und sind Ausdruck von unzufriedenen Kunden. Retouren senken die Chance auf Wiederkäufe bei Amazon. Aus diesen Gründen wertet Amazon Produkte mit sehr hohen Retourenquoten ab. Die Quotenhöhe ist jedoch in verschiedenen Branchen sehr unterschiedlich, beispielsweise die Modebranche vs. Elektronikartikel. - Klickrate CTR
Die Click Trough Rate gibt an, in welchem Verhältnis die die sichtbaren Impressionen zu den Klicks stehen. Bei Amazon bedeutet das die Messung der Klicks auf bestimmte Produktdetailseiten. Dabei lässt sich analysieren, dass die Mehrheit der User auf die ersten drei Ergebnisse der ersten Suchergebnisseite klicken und nur wenige überhaupt Seite zwei und drei in Betracht ziehen. Somit werden nur die Händler viel absetzen, welche Ihre Produkte unter die ersten drei Produkte platzieren können. - Verweildauer
Die Verweildauer gibt an, wie lange ein User auf einer Produktdetailseite verweilt. In der Regel weißt eine hohe Verweildauer auf eine qualitativ hochwertige Seite hin. Schlechte Produktdetailseiten mit verpixelten Produktbildern oder unverständlichen Bullet Points werden meist schnell wieder verlassen. Die User wechseln zu der nächsten Produktdetailseite.
Da die User aber immer lesefauler werden, muß man sich schon einiges einfallen lassen um die User auf der Produktseite zu halten. Dabei spielen Videos eine übergeordnete Rolle. - Conversion Rate
Das Kriterium schlechthin ist die Conversion Rate. Sie gibt an, wie viel Prozent aller Klicks auf die Produktdetailseite zu einem Kauf führen. Eine lange Verweildauer bringt demnach nicht viel, wenn der User am Ende doch keine Bestellung aufgibt. Die Conversion Rate ist abhängig vom Keyword. Zudem wirken sich praktisch alle anderen Einflussfaktoren wiederum auf die Conversion Rate aus. Um die Conversion Rate zu optimieren, müssen quasi alle anderen Richtlinien auf volle Performance optimiert werden. - Der BSR – Amazon Best Seller Rank
Der BSR ist ein Indikator wie gut sich ein Produkt auf Amazon verkauft. Einen BSR bekommt man zugewiesen, sobald der erste Verkauf getätigt wurde. Damit heißt Bestseller nicht unbedingt auch Bestseller, entscheidend ist der Wert des BSR. Produkte mit geringen Verkäufen haben hohe BSRs, Produkte mit hohen Verkäufen haben niedrige BSRs, also je niedriger der BSR, desto mehr Verkäufe wurden getätigt.
Der Wert entspricht dem Verkaufsrang innerhalb der zugeordneten Unterkategorie des Produktes. Wird das Produkt in mehreren Kategorien gelistet, kann es somit auch mehrere Best-Seller-Ranks besitzen. Die BSR werden fast live aktualisiert und können sich stündlich ändern.
Wie sich der Wert errechnet ist ein gut gehütetes Geheimnis von Amazon. Ähnlich der Google Ranking-Faktoren. Aber wie bei Google, so sind auch einige der Faktoren von Amazon „bekannt“.
- Verkäufe, aktuelle sowie historische
- Preisänderungen, einschließlich Verkäufe und Werbeaktionen
- Kaufverhalten bei ähnliche Wettbewerbsprodukte
Jede Stunde aktualisiert Amazon die BSR-Werte auf der Grundlage der aktuellen und historischen Verkäufe. Wenn das Produkt in einer Stunde 10 Einheiten verkauft hat und der Wettbewerber 5 Einheiten, ist der BSR niedriger als der des Konkurrenten.
Wenn in der nächsten Stunde nur eine Einheit verkauft wird und der Wettbewerber verkauft fünf, wäre der BSR immer noch besser als der der Konkurrenz, weil auch die historischen Verkäufe berücksichtigt werden. Der BSR-Algorithmus betrachtet die Produktverkäufe insgesamt und ordnet die Zahlen dann zu, sodass es eigentlich nie zu drastischen Schwankungen kommt. Wenn plötzlich einen enormen Zuwachs oder Rückgang der Verkäufe gemessen wird, wird sich das Ranking also nicht schlagartig ändern.
Der BSR hat keinen Einfluss auf das organisches Ranking, genau wie Keywords keinen direkten Einfluss auf den Bestseller-Rang haben. Keywords und BSR haben also zwei völlig unterschiedliche Funktionen.
Ein niedriger Best Seller Rank ist also ein Indikator für den erfolgreichen Verkauf eines Produktes auf Amazon. Quasi ein Performance Indikator auf Produktebene. Letztendlich zeigt er an, wie erfolgreich die jeweilige Kampagne und organische Optimierung ist!
Ein besonders nützlicher Mehrwert des BSR ist die Möglichkeit, daraus Rückschlüsse auf die Verkaufszahlen der Wettbewerber zu generieren. Wenn bei einem BSR von 1.000, 500 Transaktionen im Monat erzielt wurden, und im Vormonat mit einem BSR von 1.500, 250 Verkäufe, dann kann man diese umrechnen und auf die BSR der Wettbewerber anwenden!
Viel Spass damit,
Wolfram Daur