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Disruptive Innovationen

Vor einigen Jahren habe ich mir ein interessantes Buch erstanden, ja, eine echtes Buch, mit Softcover und vielen Seiten zum blättern darin. Dieses Buch hat den charmanten Titel „Der digitale Tsunami: Das Innovators Dilemma der traditionellen Medienunternehmen oder wie Google, Amazon, Apple & Co. den Medienmarkt auf den Kopf stellen“ – Puh, was für ein Titel. Das Buch reichte grade mal für den halben Flug nach Mexiko, dann war ich damit durch. Auch wenn ich hier jetzt ein bischen Schleichwerbung für den Autor machen, aber dieses Buch sollte für jeden Geschäftsführer eines Medienhauses oder Verlages, Pflichtlektüre sein.

In dem Buch wird von Nicolas Clasen das Thema der disruptiven Innovationen und die Unfähigkeit von Großunternehmen beschreiben, darauf zu reagieren, was meist, früher oder später, zu deren Untergang führt. Das Thema war so spannend, und belegte meine Interpretationen und Gedanken so ausführlich und farbenfroh, dass ich mich näher damit beschäftigen musste.

Für alle die, die gerne ein gutes Buch lesen, egal ob Medien affin oder nicht, kauft Euch dieses Werk. Ansonst, reiße ich das Thema hier mal kurz an. 😉

Zu erst einmal, was sind überhaupt disruptive Innovationen?

Ich werde hier mit einer Reihe an Beispielen beginnen um einen kleinen Überblick zu gestalten.

  1. Die Schifffahrt: Lange ist es her, da gab es nur Segelschiffe, die unsere Meere, Seen und Flüsse befuhren. Die Werften dieser Zeit bauten in Ihrer Blüte die tollsten Dreimaster und kleine Transportsegler. Ende des 18. Jahrhunderts kam man dann auf die Idee Dampf getriebene Schiffe zu entwickeln. Das erste kommerziell genutzte Dampfschiff war der Passagier-Raddampfer „Clermont“, der den Hudson River rauf und runter paddelte. Die Segelschiff-Werften war dies keine Konkurrenz, da diese Dampfboote schlechte Manövrierfähigkeiten hatten und sich deren Einsatz auf Seen und ruhige Flüsse beschränkte. Also baute man fleißig weiter an den segelnden Transportschiffen und schenkte der Dampftechnik keine weitere Aufmerksamkeit, getreu dem Motto, das ist nur ein Trend, der geht vorbei. 1817 liefen dann auch in Europa die ersten Dampfschiffe vom Stapel und auch in den USA traten immer mehr Dampfschiffe ihren Dienst an. Die Segelschiff-Werften ignorierten immer noch mit stolz erhobenem Haupt diese neue Technologie. Tja, kurzum, 1818 überquerte der erste Raddampfer den Ärmelkanal und 1838 überquerten gleich zwei Dampfer den Atlantik und das innerhalb von 14 Tagen. Zum Vergleich, ein Segelschiff benötigte für die gleiche Strecke 33 Tage.
    Fazit des ersten Beispieles: In der Zeit um 1830 wurden viele neue Werften gegründet, die sich auf die Dampfschifffahrt konzentrierten. Die meisten der Segelschiff-Hersteller gingne pleite.
  2. Das Automobil: Kommen wir unserer Zeit schon etwas näher. 1886 erhielt der Ingenieur Carl Benz aus Mannheim das Patent für das Automobil. Dieser „Patent-Motorwagen“ sah aus wie eine Pferdekutsche ohne Pferde. Was naheliegend war, denn das zeitgemäße Fortbewegungsmittel zu dieser Zeit war ja auch die Pferdekutsche. Auf seinen drei schmalen Rädern schaffte es immerhin 16 Stundenkilometer. In der Bevölkerung rief dieses Gerät eine Mischung aus Furcht und Neugierde hervor, während die Kutschenbauer nur lauthals lachten. Fast zeitgleich entwickelten Wilhelm Daimler und Wilhelm Maybach einen Benzinmotor mit Holzrahmen, der „Reitwagen“ war geboren. Sein Vorbild war keine Kutsche, sondern das gute alte Fahrrad.
    Fazit: Sie ahnen bereits was nun kommt. Richtig, die Kutschenbauer haben den Trend verpasst, bzw. zu lange weggesehen und 1900 preschte der erste Mercedes mit 4 Zylindern und 35 PS mit stolzen 72 Km/h an den Kutschen vorbei. Was aus den Herstellern für Kutschen geworden ist, dass weiß keiner so genau. 🙂
  3. Die CD: Die Ü-30er Generation kennt noch diese kleinen, viereckigen Dinger mit dem netten Namen „Floppy Disk“. Heute im Zeitalter der Smartphones kaum vorstellbar, wenn man sich das Leistungsspektrum dieser kleine Karten ansieht. Die ersten Floppy Disks hatten den Format 8 Zoll, kamen ursprünglich von IBM und ersetzten die Lochkarten. Das grandiose Speichervolumen dieser Karten betrug 180 KB. Diesen 8“ Disketten folgte die Weiterentwicklung der 5,25“ Disketten und das Speichervolumen stieg auf grandiose 1200 KB, diese wurde dann von der 3,5“ Diskette abgelöst. Die erste Diskette kam 1969 auf den Markt mit 8“ war sie der Standard-IBM-Format für Großrechner. 10 Jahre später erschien schon die erste CD-Rom (1979), die auf einer Messe in Tokio vorgestellt wurde. Es dauerte 12 Jahre, bis die CD-Rom die Floppy Disk vom Markt verdrängt hatte. Die CD-Rom bedeutete nicht nur das Ende der Disketten, sondern gleichzeitig auch das der Schallplatten.
    Wir erinnern uns an das Speichervolumen der hochwertigen Floppy Disks mit 1,2 MB – die CD-Roms konnten 650 bis 879 MB speichern. Die Vorteile lagen klar auf der Hand. Fazit: Hier gelang es schon einigen Herstellern von Floppy Disks, auf die Trendwelle der CD-Roms aufzuspringen und erfolgreich mitzureiten. Für die Welt der Platten allerdings, ging die Ära knallhart zu Ende.
  4. Noch ein Beispiel… die Digitalfotografie: Unglaublich aber wahr, 1975 entwickelte Steven J. Sasson die erste Kamera mit CCD-Sensor. Man stelle sich vor, die Daten wurden auf einer Kassette gespeichert, dieser Vorgang dauerte sage und schreibe 23 Sekunden. Das die Hersteller von Kameras mit Film hier keine Handlungsbedarf sahen, erklärt sich von selber.Die erste kommerziell kaufbare Videostandbildkamera gab es dann 1981 zu erwerben. Sie kam aus der Schmiede von Sony und konnte 50 Bilder auf Diskette speichern, die man dann mit einem speziellen Abspielgerät am Fernseher betrachten konnte. Und so ging es weiter. 1988 wurde dann der Komprimierungsstandard MPEG-1 eingeführt, woraus sich später der JPG-Format entwickelte. Fuji revolutionierte dann den Markt und entwickelte die erste Speicherkarte, die DS-100, welche 1991 auf dem Markt erschien und ein Speichervolumen von 512 MB hatte. Tja und genau diese Entwicklung verhalf auch der Digitalfotografie zum Durchbruch. 1990 kam die erste Kamera mit integrierter Festplatte auf den Markt, die DCS-100 für schlappe 25.000 Euro. Die kleinen Filme in ihren schwarzen Plastikdosen wurden ersetzt und auch den Videokassetten ging es an den Kragen. Seit 1996 ist der Run auf die höchste Pixeldichte eröffnet.
    Auch hier haben einige Hersteller den Schritt von analog zu digital geschafft, ein paar hat´s, wie immer, zerlegt.

Natürlich gibt es auch noch jüngere Beispiele von disruptiven Innovationen. Da der Wandel sich nie von Heute auf Morgen vollzieht, sondern immer eine gewisse Periode dauert, sind die meisten aktuellen Disrupter noch in der Wandlungsphase.

Zu den aktiven disruptiven Innovationen gehören z.B. der Muiskdownload, Smartphones und Tablets, Online-Informationssysteme, Amazon und Cloud-Computing.

Für heute hab ich aber genug, daher werde ich in meinem nächsten Teil zum Thema disruptive Innovationen speziell auf das Thema Online-Informationssysteme eingehen. Denn dann geht’s darum, welche Gefahren den Zeitungen und Zeitschriften drohen.

Teil 2 (10.02.2016)

Eine disruptive Innovation ist eine Entwicklung, die die Spielregeln der Marktes oder des Nutzungsverhaltens der Endverbraucher ändert. Nicht jede bahnbrechende Erfindung ist eine disruptive Innovation.

Nehmen wir das Beispiel der Entwicklung des MP3-Formates. Dieser Musikformat wurde 1982 am Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltung in Kooperation mit der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen, entwickelt. Obwohl die Entwicklung als bahnbrechend bezeichnet werden kann, war diese nur einer evolutionäre Innovation, also die Weiterentwicklung eines bestehenden Musikformates. Der MP3-Format ermöglichte aber die Entwicklung des iPod und anderer kleiner Player. Die Entwicklung dieser Player ist wiederum eine disruptive Innovation, denn sie hat das Nutzungsverhalten und die Spielregeln des Marktes geändert, womit der Walkman und Diskman ausgedient hatte.

Oft benötigt es einen externen Impuls, damit aus Produkten disruptive Innovationen entstehen können. Einer der größten Impulse der letzten Jahrzehnte war die Entwicklung des Internets. Dank der immer schneller werdenden Internetverbindungen werden immer weitere disruptive Innovationen ermöglicht. Die letzte dieser Innovationen, die durch eine schnelle Internetverbindung angeschoben wurde ist das Videostreaming über diverse Platformen wie amazon Prime, maxdome, netflix, watchever oder sky online.

Disruptive Innovationen sind also Neuerungen, die sich durch einen verbesserten Nutzen für den Endverbraucher auszeichnen. Oft treten diese Produkte erstmals als kleine Nischenerscheinungen auf und werden daher kaum beachtet. Sobald eine entsprechende Induktion eintritt, z.B. die Möglichkeit der Massenfertigung und des damit einhergehenden günstigeren Preises, entsteht aus dem Nischenprodukt eine disruptive Innovation.

Dies ist auch der Grund, warum disruptive Innovationen meist zu einer Marktverdrängung eines „Wettbewerbers“ führen. So lange die Produkte ein Nischen Dasein führen, werden diese vom Wettbewerb nicht beachtet, erfolgt der Impuls, ist es meist schon zu spät für etablierte Unternehmen und sie werden vom Markt geschoben.

Was bedeuten disruptive Innovationen für Medienhäuser und Verlage?

Gehen wir hier einmal in die Basics, denn wer nicht weiß wie etwas funktioniert, kann auch keine Zusammenhänge erkennen.

Was ist das eigentliche Produkt eines Zeitungsverlages?

Das Produkt eines Verlages ist in erster Line die täglich erscheinende Zeitung. So zumindest die allgemeine Meinung, ich sehe das allerdings etwas anders. Für mich ist das Produkt der Zeitung der redaktionelle Inhalt. Die Zeitung an sich ist lediglich der Informationsträger.

Übersetzt bedeutet dies, je besser der redaktionelle Content ist, desto mehr Zeitungen können verkauft werden und die online Reichweiten steigen. Somit ist der Content der eigentliche Entscheidungsfaktor für den Erfolg eines Medienhauses, denn dieser ermöglicht die notwendige Reichweite zur Monetarisierung, nicht die gedruckte Zeitung aus Papier.

Wie verdient ein Zeitungsverlag Geld?

Hier gibt es das duale Erlösmodell, welches sich seit Anbeginn der Zeitungsrechnung bis heute kaum weiterentwickelt hat. Verlage finanzieren sich durch den Verkauf von Abos zum einen und zum anderen durch den Verkauf von Werbung. Dabei ist es erst einmal egal, ob es sich bei der verkauften Werbung um die altbekannten Zeitungsanzeigen handelt oder um Display Anzeigen wie Banner und Co auf der Internetseite der Zeitung.

Eigentlich reichen diese paar Fakten schon aus um das Problem zu identifizieren. Das Verlagswesen ist seit der ersten gedruckten Ausgabe, der „Relation“ von Johann Carolus, die 1605 erschien, immer noch aus Papier. Wenn man bedenkt, was sich seit 1605 alles entwickelt hat, wir reden hier immerhin von einer Zeitspanne von knapp 400 Jahren. Das muss man sich erst mal auf der Zunge zergehen lassen, 400 Jahre ein Produkt, was für eine Erfolgsgeschichte. Gleichzeitig bedeutet dies aber auch, dass man 400 Jahre nichts geändert hat, ob man wollte oder nicht, hier handelt es sich um einen echten Dinosaurier der Geschäftswelt.

So, noch ein paar Fakten zur aktuellen Situation der Zeitungsverlage.

Hier eine kleine Statistik von Statista: Entwicklung der verkauften Auflage der Tageszeitungen in Deutschland in ausgewählten Jahren von 1991 bis 2015 (in Millionen Exemplaren)

Diese Statistik zeigt die Entwicklung der verkauften Auflage der Tageszeitungen in Deutschland. Im Jahr 1991 hatten die Tageszeitungen eine tägliche Auflage von rund 27,3 Millionen Exemplaren. 20 Jahre später lag die verkaufte Auflage bei weniger als 19 Millionen Exemplaren. Einen Überblick über die Entwicklung der Anzahl der in Deutschland veröffentlichten Tageszeitungen finden Sie hier.

Kurz interpretiert, würde ich sagen, das goldene Zeitalter ist seit 1991 vorbei.

Ich gehe sogar so weit, dass man jetzt schon berechnen kann, wann die einzelnen Verlagshäuser untergehen, soweit nicht eine Innovation, gerne auch disruptiv, das Schwungrad wieder anschiebt.

Die Formel dafür ist ganz einfach. Grundkosten des Verlagshauses > Umsatz, bedeutet entweder einen Aufkauf durch einen Großverlag, die Zerteilung der Einheiten oder das Ende. Wie lange so etwas dauert? Ganz einfach: Jahresumsatz abzüglich Grundkosten = Gewinn. Gewinn geteilt durch die jährlichen, durchschnittlichen Umsatzverluste = So lange dauert´s noch in Jahren bis es kracht.

Und noch ein paar Fakten, die Altersstruktur der Leser, anschaulich dargestellt anhand einer Kohortenanalyse Quelle: Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse, AWA 1970 bis AWA 2015.

altersstruktur-zeitungsleser

Die Leser werden also immer älter und der junge Nachwuchs, nun ja, der hat einfach besseres zu tun. Klingt jetzt ein bischen komisch, aber die Jugend interessiert sich einfach immer weniger für Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kunst und Kultur oder Natur- und Umweltschutz.

So, genug Daten gesammelt, fassen wir kurz zusammen:

  1. Der redaktionelle Content ist die Grundlage für die Finanzierung eines Verlages.
  2. Ein Verlag finanziert sich aus Zeitungsabos und dem Verkauf von Werbung, weitere Elösmodelle kennt das Verlagswesen nicht, oder sind nicht von Relevanz.
  3. Das Trägermaterial für die Zeitung ist Papier (Online ist eher rudimentär).
  4. Das Verlagswesen ist ein bewegungsunfähiger Dinosaurier, der seinen eigenen Regeln seit 400 Jahren treu folgt.
  5. Das goldene Zeitalter ist seit 1991 vorbei.
  6. Die Zahl der Zeitungsabos nimmt ab, was sich auf die Reichweite auswirkt und somit auch auf die Umsätze durch Werbeschaltungen.
  7. Zeitungen sind für die jüngere Zielgruppen (unter 35 Jahren) kaum relevant.

Jetzt stellt sich noch eine Frage, was war denn 1991 und die Jahre davor los, um einem Giganten wie der Zeitungsbranche ans Bein zu pinkeln?

Hier ein Auszug aus dem Artikel: CeBIT Rückblick: Die Trends von 1991 (http://www.chip.de/news/CeBIT-Rueckblick-Die-Trends-von-1991_35158312.html)

Den großen Trend der Messe setzt ein Unternehmen, das später Vodafone heißen wird: Mannesmann Mobilfunk. Das Unternehmen kündigt 1991 das digitale Mobilfunknetz D2 als Konkurrent zum D1-Netz der damals noch Deutschen Bundespost an. Ein Jahr später geht das erste private Funknetz Netz in Betrieb und erreicht Ende des Jahres zirka 80 Prozent der deutschen Bevölkerung.

Multimedia-Fieber auf der CeBIT
Außerdem greift das Multimedia-Fieber um sich. Alle wichtigen Hersteller versuchen, sich möglichst aussichtsreich dem neuen Markt zu etablieren. Während Intel seinen Standard DVI (Digital Video Interactive) promotet, der Bewegtbilder komprimiert auf CDs speichert, versucht Philips mit seinem CDI-Standard (Compact Disk Interactive) gleich die ganze Multimedia-Welt zu reformieren.

CHIP prognostiziert bereits vor der CeBIT den seit Jahren anhaltenden Hardware-Trend zu schnelleren CPUs und behält recht: Inzwischen sind 486er-Prozessoren verfügbar und jeder Hersteller hat sein eigenes High-End-PC-System im Angebot.

Teil III: (14.02.2015)

Nun gut, um 1990 entwickelte sich also aufgrund der rasanten Fortschritte im Bereich Mobilfunk und Rechnertechnik eine neues Feld, der Multimedia-Sektor. Das kann jetzt alles und auch nichts heißen, also tauchen wir kurz in eine kleine Überlegung ein.

Was ist die Grundlage für eine Zeitung? Wie oben schon geschrieben, ist die Grundlage die Verbreitung von Nachrichten und Informationen, also der redaktionelle Content. Genau hier liegt der Hund begraben, Denn um 1990 entwickelte sich ein neuer Nachrichtenstandart, die SMS. Dieses Funktion des Short Message Services legt die Grundsteine für eine Änderung im Kommunikationsverhalten der Gesellschaft. Über die Jahre kamen weitere Kommunikations- und Informationssysteme dazu, so z.B. Google News, Facebook und natürlich auch WhatsApp. WahtsApp führte wiederum zum Untergang der SMS. 2012 hatten die SMS ihren höchsten Stand in Deutschland erreicht, mit 59 Mrd. Versendeten SMS, danach ging´s steil bergab, 2013 – 38 Mrd. 2014 – 22,5 Mrd. Tendenz weiter fallend.

Die Probleme in der Zeitungs- und Verlagsbranche kommen ganz eindeutig aus einer Änderung im Kommunikationsverhalten der Zielgruppe. Papiergebundene Kommunikation war lange Zeit die wichtigste Form um Informationen zu verbreiten. Mit der Entwicklung des Telefons wurde die Kommunikation das erste mal drastisch beschleunigt. Statt ca. 2 Tagen Postversand, konnten nun Informationen schneller ausgetauscht werden. Der Einfluss der Telekommunikation wirkte sich aber noch nicht sehr stark auf Zeitungen aus, da es sich hier um eine 1 zu 1 Kommunikation handelt. Erst mit der mit der Erfindung der Online-Kommunikation über verschiedene Netzwerke, sowie E-Mails, war es möglich, gezielt Gruppen an Interessenten anzusprechen. Durch diese Massenkommunikation wurde dem Verlagswesen der erste Schlag versetzt. Der zweite Schlag erfolgte durch die Mobile-Kommunikation. Mit einem Smartphone und der Nutzung von Sozialen-Medien oder Verteilern wie WhatsApp ist es heute möglich von überall und zu jedem Zeitpunkt, die Interessenten in Echtzeit zu informieren.

Verlage setzen allerdings immer noch auf die Verbreitung von Informationen im Papier-Format. Das bedeutet, sobald eine Information in einer gedruckten Auflage erscheint, ist diese bereits veraltet.

Jede neue Art der Kommunikation wurde von der jeweiligen Zielgruppe aufgesogen und verbreitete sich rasch. Ältere Zielgruppen taten sich schwer mit den neuen Kommunikationswegen, wodurch diese bei jüngeren Nutzergruppe um so beliebter wurden. Die Verlage alterten direkt mit Ihrer Zielgruppe von 1990 mit, versäumten aber komplett sich auf neue, jüngere Zielgruppen und deren Bedürfnisse einzustellen. Demzufolge ist der durchschnittliche Zeitungsabonnent über 50 Jahre alt.

Somit kommen wir auch schon zum dritten Schlag gegen das Verlagswesen. Die Zielgruppe der Ü-50er, deren Kinder mitten im Zeitalter der medialen Kommunikation aufgewachsen sind, lernen den Umgang mit Sozialen-Medien, Smartphones,WhatsApp und entdecken die Welt des Internets sowie der Möglichkeiten von Google und Co.

Hier ein paar Zahlen zur Veranschaulichung:

1991 – Verkaufte Auflage an Tageszeitungen in Millionen (Deutschland): 27,3

1991 – Internetnutzer in Deutschland: 0,2 Millionen

2015 – Verkaufte Auflage an Tageszeitungen in Millionen (Deutschland): 16,1

2014 – Internetnutzer in Deutschland: 70 Millionen

2015 – WhatsApp Nutzer in Deutschland: 35 Millionen User

2015 – Facebook Nutzer in Deutschland: 28 Millionen aktive User

Und jetzt zum Overkill, dem vierten Schlag gegen die Printmedien – YouTube, seit 2006 eine Tochtergesellschaft von Google Inc.

Hier ein paar Zahlen zu YouTube:

2014 – Marktanteil von Youtube im Videosegment: 53%

2015 – veröffentlichten 2,9 Millionen deutsche Nutzer regelmäßig Inhalte auf dieser Plattform

2015 – Anteil von Youtube an Inhalten von Sozialen Netzen in Hamburg: 91%

2015 – tägliche Nutzung in der Zielgruppe der 12- bis 14 Jährigen in Deutschland: 64%

2015 – Die Nutzung von Youtube überholt in der Zielgruppe der 12 – 19 Jährigen das Fernsehen. YouTube: 94% , Fernsehen: 83%.

Youtube hat es geschafft, der neue Stern am Firmament zu werden, mit einer einfachen Formel, dem 90-9-1 Prinzip. 90% stille Beobachter, 9% Akteure, die kommentieren und bewerten und 1% Hersteller von Videomaterial.

Fazit:

Das Verlagswesen und die Zeitungen wurden nicht von einer einzelnen disruptiven Entwicklung getroffen, sondern von einer ganzen Salve. Dabei wechselten sich evolutioäre und disruptive Entwicklungen ab. Das Verlagswesen erkannte in keinem Punkt auch nur annähernd die Auswirkungen der digitalen Revolution und hat diese auch heute noch nicht begriffen.

Währen Verlage aktuell versuchen Boden wieder gut zu machen, in dem Sie Themen wie Soziale Medien, WhatsApp, Paywalls usw. forcieren hat der Ausverkauf der Verlagsreichweite begonnen. Wie Geier kreisen externe Unternehmen um die Verlage um deren, mühselig aufgebaute, Online-Reichweite anzuzapfen. Die Verlage, die hysterisch und getrieben nach Lösungen suchen werden hier zu einer leichten Beute.

Verlage müssen sich schnellstens internes Know How aufbauen um sich aus der Umklammerung der externen Dienstleister zu lösen, denn dadurch entsteht nur eine Abhängigkeit. Dafür müssen externe Fachkräfte in die Medienhäuser geholt werden. Diese Fachkräfte dürfen aber nicht, wie in dieser Branche üblich, aus internen Reihen kommen – frisches Blut muss her.

Vor einem Monat war ich bei einem Verlagshaus, hier sollte der online Bereich aufgebaut werden und man fragte uns nach unseren Entwicklungen. Der dort eingesetzte Onliner war ein ehemaliger Redakteur im Alter von über 40 Jahren. Diese Vorgehensweise ist leider typisch. Man schreit nach Veränderung, ist aber im Grunde nicht dazu bereit. Wie schnell, glauben Sie ist ein ehemaliger, 40 jähriger Redakteur fit im Online-Marketing? Mal ehrlich, bis hier die Basics vermittelt sind, ist diese Wissen schon wieder veraltet.

Also: Wenn Verlage sich auf dem online Markt behaupten möchten, benötigt es eine schlagkräftige Unit aus frischen, externen, kultivierten Nerds, die ohne Steuerung des Verlages agieren. Denn die Denkweise von Verlagen ist Jahrhunderte von der der Onliner entfernt und damit auch von der der jungen Zielgruppen.

Wenn sich aber der Nachwuchs nicht für Zeitungen interessiert, wer soll diese dann in 15 oder 20 Jahren noch kaufen?

Das Produkt der Zeitungen und damit der redaktionelle Content, muss wieder sexy für die Jugend werden. Facebook, WhatsApp und Co waren gestern – Youtube ist heute und morgen kommt der nächste Trend, z.B. Augmented Reality.

Sind Sie dafür bereit oder stehen Sie am Bug der Titanic und verschließen die Augen vor dem nahenden Eisberg?

Wolfram Daur
Online Marketing Manager

(2016 offiziell zertifiziert durch Online-Studium zum Online Marketing Manager durch die DEPAK)

Wolfram Daur

Wolfram Daur - Marketingleiter / Digital CMO - Schwerpunkt E-Commerce - Online Marketing Spezialist. Zertifikate: E-Commerce Manager (SMA) | Master Leadership Performance A (BPA) | Online Marketing Manager (DPA) - Leidenschaften: Produktentwicklung, Design, Neuromarketing...